Elvira Naef-Nieriker
In der stattlichen Ostschweizer Ortschaft Flawil ist kurz vor ihrern neunzigsten Geburtstag Elvira Naef-Nieriker beerdigt worden, derm Ort wo sie seit ihrer Verheiratung gelebt hatte. Diese lebhafte Frau mÍt. ihrem starken Willen hatte in jüngeren Jahren einen Glauben und später durch dÍe Moralische Aufrüstung die Möglichkeit gefunden, diesen Glauben wirksam zu leben. Touren machen und auf Skiern stehen liess, als erst die kühnsten Frauen solcherlei unternahmen. Auf einer Bergbesteigung lernte sie ihren Gatten kennen, Albert Naef, einen Stickereifabrikanten. Es kam Frau Naef zugut, dass sie einen ausgesprochenen Schönheitssinn hatte, so konnte sie die in der Fabrik ihres Mannes hergestellten und in alle Welt versandten Wunderwerke der Stickerei voll würdigen.
Bis in die letzten Monate im Pflegeheim, als ihre Gedanken nicht mehr immer klar waren, freute,sie sich an einem schönen Vorhang oder am hübschen Kleid einer Besucherin. Als Albert und Elvira Naef in den dreissiger Jahren die Oxfordgruppe kennenlernten, brachte dieser Kontakt eine grosse Wende in íhr Leben. Sie wussten fortan, was es heisst, mit der Aenderung bei sich selbst anzufangen und in der Stille auf Gottes Weisungen zu horchen. Dies wurde zum festen Anteil ihres Lebens, später vertieft und erweitert durch Besuche im Konferenzzentrum von Caux.
Viele Gäste gingen von nun an im Hause Naef ein und aus. Einmal waren es buddhistische Mönche in ihren orangefarbenen Gewändern, ein andermal ein Indianerhäuptling aus dem Norden Amerikas oder Frank Buchman mit einer Reihe seiner engen Mitarbeiter.
Als Frau Naef 75 Jahre alt und schon Witwe war, wurde sie von Rajmohan Gandhi eingeladen, das Konferenzzentrum Panchgani in Indien zu besuchen. Sie nahm diese Einladung an, ein Zeichen ihrer Offenheit für neue Herausforderungen und ihres Gehorsams dem gegenüber, was sie als göttliche Führung empfand. Zusammen mit einer nahen Freundin brach sie I974 zu der grossen Asienreise auf obschon gerade zu jener Zeit Flugzeugentführungen an der Tagesordnung waren. Die beiden Frauen gingen nicht as Touristen, sondern mit einer inneren Verpflichtung, ihre Erfahrungen von Aenderung weiterzugeben.
Nach ihrer Rückkehr füllte sich Elvira Naefs Haus Woche um Woche mit vielen Gästen, denen sie ihre Dias zeigen und von den Erlebnissen in Indien berichten wollte. Baumeister und Bäcker, Lehrerin und Landwirt, Nachbarn und Freunde, ihnen allen wurde die gleiche herzliche und perfekte Gastfreundschaft zuteil. Frau Naef verfügte über beträchtliche Mittel. So wie sie ihren Gatten nicht gehindert hatte, diese Mittel grosszügig einzusetzen, so war sie selber später auf eine verantwortliche und besonnene Art grosszügig damit. Weil sie bis zuletzt zum Anderswerden und zur Versöhnung bereit, war, wurde sie immer wieder wunderbar gebraucht. Wie eine jüngere Freundin es ausdrückte: Der Glaube war für sie nicht nur wie ein übergestülptes Kleid, sondern war ein Teil ihrer selbst geworden.
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